Progressive Rentenerhöhungen: Mehr für‘s Geld
Wer als Alleinstehender hierzulande ein Monatseinkommen von weniger als 917 Euro hat, also 60 Prozent des mittleren Bruttoeinkommens, gilt als armutsgefährdet. Auffallend oft betroffen sind laut Paritätischem Wohlfahrtsverband neben Arbeitslosen, Alleinerziehenden, Ausländern und Geringqualifizierten die Rentner, von denen 15,9 Prozent im Jahr 2015 in diese untere Kategorie fielen. Bundesweit lag die relative Armutsquote 2015 bei 15,7 Prozent, demnach sind Rentner im Vergleich leicht überdurchschnittlich arm. Doch das müsste nicht sein.
Analog zur progressiv gestalteten Einkommenssteuer, bei der Geringverdiener anteilig weniger als Besserverdiener zahlen, könnten die jährlichen Rentenanpassungen für Niedrigrentner höher als für andere Bezieher ausfallen, ohne dass unter dem Strich mehr Geld aus der Staatskasse fällig würde. Eine sinnvollere Verteilung der Gelder könnte für eine Senkung der Armutsquote sorgen – und nicht unbedingt eine Steigerung der Sozialausgaben. Doch bislang ist das Gießkannen-Prinzip mit mehr Rente für alle, einzig unterschieden nach Ost- und Westdeutschland, gängige Praxis: 2016 gab es im Westen ein Plus von 4,25 bzw. 5,95 Prozent im Osten, 2017 werden es voraussichtlich um die zwei Prozent sein. Darüber freuen sich die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland, allerdings trägt die Anpassung nicht zur gezielten Reduzierung von Armut in den unteren Einkommensschichten bei. Die Kosten einer flächendeckenden Rentenerhöhung sind für den Staat dennoch langfristig enorm.
Der Schlüssel für mehr Rentengerechtigkeit liegt nicht in der pauschalen Erhöhung von Staatsausgaben, sondern in der zielgerichteten Erhöhung der Bezüge wirklich sozial Bedürftiger: Darunter fallen Menschen mit Erwerbsminderung, Niedrigrentner und Ältere, die staatliche Grundsicherung auf Hartz IV-Niveau beziehen, also letztendlich alle, die unter oder nahe der 60 Prozent-Armutsschwelle von 917 Euro leben. Bevor dies geschieht, wird der Paritätische Wohlfahrtsverband wohl weitere Rekorde bei der Armutsquote verkünden können.