Früher war alles besser, weil morgen alles schöner wird

Die Zeit schreitet unaufhaltsam voran. Das Millennium ist längst kein neues mehr. Das 21. Jahrhundert liegt hinter, vor und zwischen uns.

Die Generation der 1990er schwelgt bereits in der Nostalgie vergangener Tage: Walkman, Ghettoblaster, Tamagochi. Kaum ist die drei eine Zahl, die mehr schlagartig nahende Realität als ferne Zukunft ausdrückt, schon meinen wir, in der heutigen Zeit den Sittenverfall, die ständige Präsenz der Krise und die allgemeine Unordnung warzunehmen – nichts geht halt über den guten, alten Walkman.

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Was vom Neuanfang geblieben ist: Acht Jahre nach Obamas Kairo-Rede.

Ein Rednerpult mit dem Präsidentenemblem vor rotem Vorhang, jeweils zwei Flaggen der Vereinigten Staaten und Ägypten und die ehrwürdige Festhalle der Universität Kairo: Diese Bühne hat sich Barack Obama am 4. Juni 2009 ausgesucht, um die Welt zu verändern.

Heute genau vor acht Jahren wollte der wenige Monate zuvor gewählte Präsident mit einer Rede adressiert an die islamische Welt, zumindest rhetorisch, einen Neuanfang (A new beginning) wagen. Read More

Die Hohe Kunst des (Nicht-) Wählens

Sonntag, kurz nach 18 Uhr. Der Souverän und Jörg Schönenborn haben gesprochen. Let the games begin. Was will uns der Wählerwille in seiner unendlichen Weisheit mitteilen? Will er jetzt Jamaica oder doch eher Küste? Zuckt die Ziege oder bleibt sie ruhig? Delphi war sicherlich einfacher. Wer ist eigentlich dieser Souverän und wo kann ich ihn treffen? Und was ist eigentlich mit den Wählerinn…ach, egal, lassen wir das. Read More

Als 140 Zeichen noch 271 Wörter waren

„The world will little note, nor long remember what we say here, but it can never forget what they did here.“

Irren ist bekanntlich menschlich. Und auch der wohl bekannteste amerikanische Präsident schien sich bisweilen zu irren. Gewiss, dieser Satz ist ein weitgehendend unbekannter Teil aus einem deutlich mehr geachteten Schriftstück. Die Rede ist von der Gettysburg Address, gehalten von Abraham Lincoln am 19. November 1863.

Von der Rede ist die wohl kürzeste Demokratiedefinition überliefert, mit der sich Abraham Lincoln in Demokratietheorie verewigt hat: „A goverment of the people, by the people and for the people“.

Wer sich die Rede zur Einweihung des Soldatenfriedhofs am Ort der wohl entscheidenden Schlacht des amerikanischen Bürgerkrieges zu Gemüte führt, dem wird eines auffallen: sie ist ungewöhnlich kurz. Read More

Ich bin ein Muslim

„Ich bin Muslima, wenn du etwas gegen Muslime hast“ steht auf einem Plakat mit der TV-Moderatorin Astrid Frohloff in der Berliner Antidiskrimierungskampagne „Gesicht zeigen!“. Auch ich denke mir oft, ich bin ein Muslim. Ich bin kein Muslim und kann persönlich wenig mit dem Islam anfangen. Ich meine das als Solidaritätsbekundung, ähnlich wie es die Kampagne tut. Aber meine Solidarität speist sich aus einem tiefen Gefühl des Verständnisses für die Situation der Muslime in Deutschland, das aus ganz persönlichen Verbindungen entspringt.In meiner Familie gibt es viele praktizierende Muslime und ebenso viele, bei denen Muslim sein nicht mehr ist, als ein Eintrag im Pass. Zu letzterer Gruppe gehören auch viele der in Deutschland lebenden Muslime. All jene werden von selbsternannten Abendlandrettern und sonstigen sogenannten Islamkritikern gemeint, wenn diese von der Islamisierung Deutschlands sprechen. Diese Rhetorik versucht Überfremdungsängste und Xenophobie hinter der Verteufelung einer vermeintlich rückständigen Religion zu verstecken. Diese Leute meinen aber nicht den Islam, sie meinen Migranten und deren Kinder und Enkelkinder als die vermeintlichen Repräsentanten des Islam. Der Wolf des Rassismus und der Menschenfeindlichkeit kommt im Schafspelz der Islamkritik daher.

Kritik an der Kritik: Ein kritischer Essay

Kritik verbreitet sich auf dem Campus schneller als Club Mate Flaschen. Kritik der Wissenschaft, wissenschaftliche Kritik, Wissenschaft und Kritik, kritisch Wissenschaften, ja sogar kritische Jurist*innen gibt es inzwischen. Letzteres erscheint mir ein Widerspruch in sich selbst, so wie intelligente Neonazis. Alles muss kritisch hinterfragt werden und alles muss der kritischen Betrachtung standhalten. Mir scheint, das Wort ist inzwischen aufgeblasener als Tim Wiese. Kritik soll allen vergegenwärtigen, dass nichts an sich gut ist, sondern nur so gut ist, wie es kritisch ist. Diese Erkenntnis ist in etwa so fruchtbar, wie die Erkenntnis von YOLO, die uns endlich verlebendigt hat, dass wir tatsächlich nur einmal leben. Aber wenn uns Frozen Yogurt oder Julia Engelmann eins gelehrt hat, dann ist es, dass Hypes sich dadurch auszeichnen, dass sie vorübergehen. Read More