Wider die kopernikanische Wende

Vor bald 500 Jahren sorgte ein einfaches Manuskript für die unwiderrufliche Re-Programmierung des Selbst- und Weltverständnisses des abendländischen Menschen. Nikolaus Kopernikus führte einer sich im Mittelpunkt des Universums wähnenden Menschheit ein kleines aber doch feines Detail vor Augen: Nicht um die Erde, nein, um die Sonne bewegen sich die Planeten auf kreisförmigen Bahnen.

Ein Vierteljahrhundert später holt Immanuel Kant die „kopernikanische Wende“ auf die Erde und leitet eine tiefgreifende Zäsur in der Geschichte des Denkens ein. Philosophie sollte nunmehr der Idee einer universalen Vernunft dienen, die sich der Fesseln von Staat und Religion entledigt. „Kritik“ als zentrales Mittel der Vernunft führt das Individuum in der Praxis zu Aufklärung und Selbstbestimmung.

Im hier und jetzt des Jahres 2017, dem „postfaktischen“, von Tweets gelenkten Zeitalter (Zeit, Alter!) des Donald Trump, in dem Systemkritik den einst so erfrischenden Zauber der 68er Studentengeneration durch Toleranz erstickende Polarisierung ersetzt zu haben scheint, stellt sich folgende Frage: Wird Trump mit der Verbreitung „alternativer Fakten“ seine ganz eigene Wende mit fatalem Ausgang für die liberale Demokratie vollziehen?

Mit Blick auf die ersten Tage seiner Herr-schaft ist auch der ein oder andere zuversichtliche Beobachter versucht zu resignieren. Wenige Dekrete, Ankündigungen und Tweets des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten haben gereicht, um die weit verbreitete Hoffnung, die Würde des Amtes werde ihn schon irgendwie mäßigen, zu vertreiben. Doch auch weiterhin kommt das Szenario wie eine moderne, beeindruckend realistische Adaption des Lebens Ludwigs des XIV. daher.

Als Sonnenkönig, Fixpunkt unserer Erde, ach was, dank NASA auch ganz hoch hinaus – so inszeniert er sich. Ein Blick auf Washingtons Straßen dieser Tage verrät, auch Trump wird früher oder später seine ganz eigene kopernikanische Wende erleben.

Ein Kommentar

  1. Robin not so Hood · Februar 7, 2017

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