Wenn die Feuerwerksshow am Brandenburger Tor inklusive DJ-Bobo-Gedenkmoment verraucht ist, bleiben meist die Vorsätze fürs neue Jahr als Erinnerung an den gerade geschafften Kalendersprung. Egal ob wir uns im Fitnessstudio anmelden, ein von nun an zu lernendes Instrument kaufen oder beschließen, diesen Artikel bereits letzte Woche hochzuladen – der Jahreswechsel ist scheinbar das Signal, landesweit das eigene Leben auf den Prüfstand zu stellen und Optimierungspotenzial auszumachen.
Und egal, wie schnell das Fitnessabo mangels Studiobesuchen im Kopf in eine monatliche Unterstützung des örtlichen Mittelstandes umgewidmet wird, wie schnell das Musikinstrument zum ästhetisch wertvollen Staubfänger in der Wohnungsecke geworden ist – anscheinend brauchen wir ein festes Datum für solche Vorsätze.
Vielleicht, weil sie uns wie Meilensteine oder Wegschilder dabei helfen, Komplexität zu reduzieren, die Zeit um uns herum einzuteilen in ein davor und danach. Vor und nach dem Jahreswechsel. Vor und nach dem Brexit. Vor und nach Trump. Indem wir uns das Geschehen um uns herum so einteilen, schaffen wir uns Orientierung – und wir schaffen uns Anlässe. Anlässe, um alte Fragen neu zu stellen, überfällige Diskussionen zu führen, aufzuwachen, aktiv zu werden (oder resigniert zu versuchen wieder einzuschlafen).
Mitunter versteifen wir uns aber zu sehr auf diese Anlässe und vergessen dass man schon auf dem Weg dahin aktiv werden kann. Einem Kaninchen gleich sitzen wir dann vor der Schlange respektive dem Musikinstrument oder dem anrückenden Wahltermin und warten darauf, dass aus dem davor ein danach wird, dass etwas passiert.Wir könnten aber auch statt aufs Ergebnis auf den Prozess gucken, im kleinen unsere freiheitliche Gesellschaft stärken und schützen oder einfach mal laufen gehen, ganz ohne Jahreswechsel. Das wäre doch mal ein Vorsatz fürs neue Jahr.