Ach Weltschmerz

In Europa stemmt sich die EU gegen ihre bisher größte Identitätskrise. Populisten versuchen an Wählerstimmen zu gelangen, indem sie politische Zusammenhänge vereinfachen, gern auch verfälschen und sich als große Heilsbringer in Szene setzen. Überdies spielt jenen selbsternannten Rückeroberern nationaler Stärke in die Karten, dass sich einige Mitgliedsstaaten wie Polen und Ungarn im Clinch mit der EU um die Rückeroberung nationalstaatlicher Prärogativen befinden – Abbau westlicher Demokratie-Standards eingeschlossen.

Ein paar Flugstunden entfernt, auf der anderen Seite des großen Teichs, wütet ein von führenden Meteorologen einhellig als launisch charakterisierter Orkan scheinbar ziellos von Washington aus durch die unendlichen Weiten der Vereinigten Staaten, allein um seine Botschaft vom heruntergewirtschafteten Amerika unmissverständlich auf allen internetfähigen Endgeräten zu platzieren. Trump gegen alle. Fake News inklusive. Sein Motto: Isolieren oder verlieren. Read More

Die Sehnsucht nach dem Privaten – über den vielleicht gar nicht neuen Aufwind des „Biedermeier“

Im ZEIT Magazin vom 30.12.2014 attestiert Julia Friedrichs die Rückkehr eines verloren geglaubten Gesellschaftstypus – die Rede ist vom Biedermeier. Bevor man sich dieser gewagten und zugleich verständlichen These zuwenden kann, muss ein begriffstechnischer Schärfegrad hergestellt werden. Mir war der Unterschied zwischen dem Typus des „Biedermeier“ und dem des „Spießer“ lange nicht klar – und ich glaube auch jetzt noch, dass beide sich an einigen Punkten überschneiden. Abgrenzend charakterisieren lässt sich der Biedermeier wohl am Besten durch den konsequenten Rückzug ins Private, die Abkehr vom gesellschaftlichen Miteinander. Durch die Flucht ins private Idyll werden gesellschaftliche Probleme und Zukunftsfragen ausgeblendet. Bezogen auf die heutige Zeit bedeutet das: Neues Interesse am Haus im Grünen, Rückzug von der komplexen (Arbeits)Welt in Handarbeit, Kochen und Seelenpflege.
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