Als 140 Zeichen noch 271 Wörter waren
„The world will little note, nor long remember what we say here, but it can never forget what they did here.“
Irren ist bekanntlich menschlich. Und auch der wohl bekannteste amerikanische Präsident schien sich bisweilen zu irren. Gewiss, dieser Satz ist ein weitgehendend unbekannter Teil aus einem deutlich mehr geachteten Schriftstück. Die Rede ist von der Gettysburg Address, gehalten von Abraham Lincoln am 19. November 1863.
Von der Rede ist die wohl kürzeste Demokratiedefinition überliefert, mit der sich Abraham Lincoln in Demokratietheorie verewigt hat: „A goverment of the people, by the people and for the people“.
Wer sich die Rede zur Einweihung des Soldatenfriedhofs am Ort der wohl entscheidenden Schlacht des amerikanischen Bürgerkrieges zu Gemüte führt, dem wird eines auffallen: sie ist ungewöhnlich kurz.
Ob Lincoln aufgrund der Kürze seiner Rede Zweifel hatte, ob sich die Welt an seine Worte erinnern wird, ist nicht überliefert. Wie anderswo auch, hat es Lincoln nicht für nötig erachtet, seinen Worten durch weitreichende Ausführungen Gewicht zu verleihen. Die heutige Bedeutung der Gettysburg Adress zeigt aber zweifellos, dass sie gewirkt haben.
Lincoln lehrt uns, dass nicht nur seit der Erfindung der 140-Zeichen-Kommunikation man nicht unbedingt eine dreibändige Abhandlung über die politische Ökonomie schreiben muss, um seine Gedankengänge mit anderen zu teilen. Trotzdem, Abraham Lincoln wäre sicherlich der Twitter-König unserer Zeit.
Bei der Kunst sich kurz zu halten, geht es umso mehr darum, was man nicht schreibt. Ein Handwerk, das er einem anderen Präsidenten um Längen voraushat. Es müssen also nicht unbedingt 140 Zeichen sein, aber manchmal reichen eben auch 271 Wörter, um Geschichte zu schreiben.
Also warum anstatt seitenlange Texte, nicht einfach mal 271 Wörter schreiben?